Interview mit Karl L. …

… das nie stattfand.

Vor Kurzem erreichte mich ein Brief – ein echter Brief, mit Umschlag und Briefmarke. In diesem Brief befand sich ein in Sütterlin verfasster Text, in welchem mich ein Herr L. um ein Interview bat. Beigefügt war dem Brief ein altes Foto. Das Foto machte mich stutzig und so lud ich Herrn L. zum Interview ein, von dem er noch heute behauptet, es habe nie stattgefunden.

S.u.W.: Guten Tag Herr L., wie ich sehe, haben Sie sicher hierher gefunden.

K.L.: Ja, dem Himmler sei Dank! Was für eine Gegend, da muss man ja um sein Leben fürchten.

S.u.W: Sie meinen, dem Himmel sei Dank…

K.L.: Hatte ich doch gesagt!

S.u.W: Darf ich Ihnen etwas Gebäck anbieten?

K.L.: Um Himmels Willen, womöglich haben Sie das bereits angefasst!

S.u.W: Äh, ja…

K.L.: Ich hätt‘ gar nicht hierher kommen sollen.

S.u.W: Aber Sie haben mich angeschrieben, ich kannte Sie ja noch nicht einmal bis dahin.

K.L.: Sie müssen lauter reden, auf die Entfernung verstehe ich Sie kaum.

S.u.W: SIE HABEN MICH ANGESCHRIEBEN!

K.L.: JA, WEIL ICH IHREN BLOG GELESEN HABE!

S.u.W: ICH SCHLAGE VOR, WIR SCHREIEN UNS JETZT NICHT MEHR AN, WAS HALTEN SIE DAVON?

K.L.: KÖNNEN WIR SO MACHEN, ABER ATMEN SIE BITTE ZUR SEITE AUS, DAS KANN JA KEIN MENSCH MIT ANSEHEN, WIE SIE IN MEINE RICHTUNG ATMEN!

S.u.W: Verzeihung. Das passiert automatisch, weil ich mich ja mit Ihnen unterhalte. So besser?

K.L.: Haben Sie das Mikrofon desinfiziert?

S.u.W: Das ist ein Tischmikrofon, das noch dazu 1 Meter von Ihnen entfernt steht, und dass sie gar nicht anfassen SOLLEN!

K.L.: Himmler Herrgott, sagen Sie das doch gleich! Desinfizieren Sie es – sofort!!

S.u.W: Himmel Herrgott, meinten Sie sicher… Aber ja, ich werde es sofort desinfizieren. Ich hoffe ich treffe es mit zur Seite gedrehtem Kopf. Kann es losgehen?

K.L.: Ja, natürlich, bin schließlich nicht zum Spaß hier. Haben schon viel zuviel Zeit vergeudet, mit Ihrer Unprofessionalität.


S.u.W: Herr L. Sie haben mir dieses Foto geschickt, auf dem angeblich Sie und Ihr Großvater zu sehen sind. Ihr Großvater war Adolf Hitler?

K.L.: Um Goebbels Willen, NEIN! Mein Großvater war Maler, Kunstmaler!

S.u.W: Um Gottes Willen … ach egal. Also der links auf dem Foto ist nicht Adolf Hitler, der Diktator?

K.L.: Nein! Das ist mein Großvater Karl, Karl Führer. Der hat nie als Diktator gearbeitet, der hat immer gemalt.

S.u.W: Diktator ist auch kein Beruf, den man ausübt.

K.L.: Ich sagte Ihnen doch schon, er war Kunstmaler. Und Tierfreund. Aber dieses „Diktator“ höre ich heute zum ersten Mal.

S.u.W: Warum sind Sie überhaupt hier? Wozu das Foto?

K.L.: Sie haben gesagt, wenn wir ein Interview machen, dann bräuchten Sie ein Foto von mir. Und ein anderes habe ich nicht.

S.u.W.: Kein anderes Foto?

K.L.: Nein.

S.u.W.: Woher stammt das Foto?

K.L.: Das hat mir mein Großvater zum 10. Geburtstag geschenkt. Es zeigt ihn und mich, also, als Kollage, wir wohnten ja leider zu weit auseinander.

S.u.W: Wo lebte Ihr Großvater?

K.L.: Er lebte zunächst in Österreich und später dann in Bunker – hieß der Ort, glaub ich – und ich bereits in Düren.

S.u.W: Auf dem Foto sind Sie aber älter als 10?

K.L.: Ich sah schon immer älter aus, als ich bin.


S.u.W: Und warum sind Sie hier? Warum ich, mich kennt doch keiner?

K.L.: Eben, deswegen.

S.u.W: Verstehe ich nicht.

K.L.: Sehen Sie, dieses Foto hat mir bislang nur Unheil gebracht. Als ich es als Knabe mal Freunden in der Schule gezeigt habe, haben sie mich bespuckt und wollten nicht mehr meine Freunde sein. Als ich es meiner ersten und leider einzigen Freundin zeigte, rannte sie davon. Als ich es vor einigen Wochen auf Facebook, versch..äh… gepostet habe, wurde ich beschimpft. Nahtsie haben sie mich genannt. Ich weiß noch nicht einmal, was das ist?

S.u.W: Nazis waren in den 30ern und frühen 40ern die Anhänger der damaligen Nationalsozialistischen Partei Deutschlands. Heute wird alles als Nazi bezeichnet, was stört.

K.L.: Aber ich störe doch niemanden?

S.u.W: Nun, ihr Großvater sieht nunmal exakt so aus, wie Adolf Hitler, der Diktator und Massenmörder. Vielleicht liegt es daran? Dazu kommt, dass Sie ihm sehr ähnlich sehen. Also die Verwandtschaft lässt sich nur schwer leugnen.

K.L.: Die leugne ich ja auch gar nicht. Was immer die anderen in meinem Großvater sehen, er war Maler. Ich male übrigens auch. Wollen sie mal was sehen?

S.u.W: Äh, ein ander Mal gerne, aber jetzt ist die Zeit zu knapp.

K.L.: Ach schade. Ich habe wirklich sehr schöne Alpenmotive!

S.u.W: Sind Sie nicht Rheinländer?

K.L.: Ja, aber im Herzen bin ich Österreicher.


S.u.W: Sie sagten, Sie wollen mit mir sprechen, weil Sie meinen Blog gelesen haben. Über was wollen Sie mit mir reden?

K.L.: Ja, Ihr Blog. Pfui Deibel! So ein Schund! Geradezu entartet!

S.u.W: In wiefern?

K.L.: Sie verdrehen Tatsachen, beschimpfen ehrbare Leute, wie Angela Murkel ..

S.u.W: … Merkel …

K.L.: Unterbrechen Sie mich nicht! Sie haben keinen Respekt, weder vor Politikern, noch vor Viren, noch vor dem Herrn Drosten, noch vorm Herrn Wieler – ein sehr guter Tierarzt im Übrigen! – noch vor Herrn Söder, noch …

S.u.W: … müssen Sie jetzt nicht alle aufzählen. Ich kann halt nur Respekt vor Menschen haben, die respektable Dinge tun. Aber Wissenschaftsleugner, wie Frau Merkel, Herr Söder, oder der Angstneurotiker Lauterbach können mir einfach keinen Respekt abverlangen.

K.L.: Lauterbach? Den Namen kenne ich. DEN NAMEN KENNE ICH! Helfen Sie mir auf die Sprünge… woher kenne ich den nur??

S.u.W: Kontaktsperren? Ausgehverbote? Tanzverbote? Kinoverbote? Überwachungs-Apps? Polizeieinsätze ohne Legitimation? Angst vor allem, was lebt?

K.L.: Ja, genau! Ein toller Mann!


S.u.W: Also, Ihnen gefällt offenbar mein Blog nicht?

K.L.: Sie leugnen das Virus!

S.u.W: Welches, es gibt ein paar zig tausende?

K.L.: Das Corona-Virus natürlich, tun Sie doch nicht so!

S.u.W: Nein, das leugne ich nicht. Ich habs zwar mit eigenen Augen noch nicht gesehen, aber ich bin sicher, dass es existiert.

K.L.: Und warum leugnen Sie es dann?

S.u.W: Tue ich nicht.

K.L.: Aber Sie schreiben dauernd, dass man keine Angst davor haben muss, dass nur ganz wenige gefährdet sind, dass wir Menschen ein Immunsystem haben. Und anderes dummes Zeug.

S.u.W: Ja, das schreibe ich und es ist alles mehrfach wissenschaftlich belegt, durch renommierte Universitäten und Forschungseinrichtungen. Sie sollten noch mal im Duden nachschlagen, wie das Wort „leugnen“ definiert ist.

K.L.: Duden??

S.u.W: Ach, egal.

K.L.: Der Söder, den Sie einen Corona-Nathsie nennen, der hat alle Wissenschaftler befragt, ALLE! Der soll jedenfalls gesagt haben, dass er dem Virus den totalen Kampf ansagen will und erst, wenn kein einziger von diesen Viechern mehr existiert, wird er den Menschen wieder ihre Freiheit geben, vorher sei das zu gefährlich. Davon abgesehen, hat mein Großvater auch immer vom totalen Kampf gesprochen.

S.u.W: Vom totalen Krieg …

K.L.: Krieg, Kampf, nun mal keine Haarspaltereien. Der Söder und mein Großvater, die hätten sich gut verstanden!


S.u.W: Also ja, ich sehe in Söder einen Corona-Nazi.

K.L.: Wie soll denn das gehen? Denken Sie doch mal nach! Die Nationalsozialistische Partei gibt es nach Ihren eigenen Worten gar nicht mehr. Wie soll der dann ein Nazi sein?

S.u.W: Also, der Begriff Nazi wird in diesem Fall metaphorisch verwendet, nicht wörtlich. Er soll die Geisteshaltung verdeutlichen.

K.L.: Sie reden sich raus.

S.u.W: Nein, tue ich nicht. Schlagen Sie im Duden … ach egal. Ich verstehe aber immer noch nicht, warum ich Sie Interviewen sollte? Sie hätten mir doch auch einfach nur eine E-Mail schicken können und sagen, was Ihnen an meinem Blog nicht passt?

K.L.: I-Mail?

S.u.W: Ach egal.


K.L.: Ich will, dass Sie an alle großen Zeitungen schreiben und ihnen dieses Interview zur Veröffentlichung anbieten! Also, sobald ich alles gesagt habe, was ich sagen wollte. Dann fordere ich, dass Sie sich bei Frau Murkel, Herrn Drosten und Herrn Söder entschuldigen! Ferner fordere ich 100.000 Euro in kleinen, nicht durchnummerierten … Pardon, falscher Zettel.

S.u.W: Ich bin ein kleiner Blog, keiner wird auf mich hören.

K.L.: Dann entschuldigen Sie sich wenigstens.

S.u.W: Nein.

K.L.: Feigling.

S.u.W: Dem Gewissen verpflichtet.


K.L.: Ich hätte noch soviel zu sagen, aber mir ist irgendwie total schwindelig, ich glaube ich werde krank.

S.u.W: Sie haben zwei FFP2-Masken übereinander und atmen obendrein durch ihre Achselhöhlen.

K.L.: Ich hätte nie hierher kommen sollen. Ich werde sterben. ICH WERDE STERBEN!

S.u.W: Herr L. Sie werden nicht sterben, haben Sie einfach keine Angst. Dass sie schlecht Luft kriegen, liegt an ihrer Angst, die schnürt Ihnen den Hals zu.

K.L.: Oh, Gott im Himmler, ich werde elendig zugrunde gehen. Warum bin ich hierher gekommen!?

S.u.W: Weil Sie es so wollten. Warten Sie, bevor Sie gehen… hier die Adresse eines sehr erfahrenen Angst-Therapeuten – der hat bereits den kompletten Tagesspiegel und n-tv als Klienten. Eigentlich darf ich die Adresse nicht rausgeben, aber Sie haben es ja noch nötiger, als die!

K.L.: Haben Sie die Visitenkarte vorher desinfiziert?

S.u.W: Welche Visitenkarte? Ich hab Ihnen eine SMS geschickt.

K.L.: Es emm was?

S.u.W: Egal.


K.L.: Und noch was. Dieses Interview hat NIE stattgefunden, verstanden?

S.u.W: Hat es aber.

K.L.: Hat es nicht! Ich will nicht mit Ihnen in Verbindung gebracht werden!

S.u.W: Ich werde keine Namen nennen.

K.L.: Sie machen ja eh, was Sie wollen. Corona-Leugner. Verschwörungs-Dingsda …

S.u.W: … theoretiker. Schauen Sie im Duden…. ach egal.

K.L.: Gibt es eine Hintertür?

S.u.W: Ja, aber die muss ich erst noch desinfizieren.

K.L.: Wie finden Sie eigentlich das Foto von meinem Großvater?

S.u.W: Gruselig.

K.L.: Ich hätte nie hierher kommen sollen ….