Liebe „Journalisten“ der Konsens-Medien …

… ich bin Jahrgang 1959 und erinnere mich sehr gut an Zeiten, wo Presse, Funk und Fernsehen noch das kritische Gegenpol zur Politik waren. Wo sie die vierte Gewalt im Staat bildeten, um Schaden an Demokratie, Meinungsfreiheit und Grundrechten, durch gründliche und enthüllende Recherchen zu verhindern.

Ob Politiker der Korruption überführt wurden, oder gesetzeswidrige Machenschaften zwischen Konzernen ans Tageslicht gebracht wurden, ob es um das Aufdecken von Vetternwirtschaft oder Wahlmanipulationen ging – Ihr ward immer vorneweg und hattet mit der Spürnase eines schlauen Fuchses ganz oft den richtigen Riecher. Ihr lehntet euch aus dem Fenster, egal welches Stockwerk, oder wagtet so manchen Seiltanz, ungeachtet des Risikos. Ja, wir Älteren wissen noch, wie guter Journalismus aussieht. Wie er sich anhört, wie er sich anfühlt und wie er einen in innere Begeisterungsstürme versetzen kann!

Aber die Jüngeren werden das leider nicht mehr erleben. Denn Eurer Journalismus kann nicht mehr begeistern. Er ist verkommen zu einem Instrument der Spaltung, Diffamierung und Desinformation. Mutlos folgt er einem gemeinsamen Konsens, weswegen ich ihn nur noch als Konsens-Journalismus bezeichnen kann.

Ein angstgesteuertes, seelenloses Handwerk, das für nichts mehr kämpft, das für nichts mehr gerade steht, das sich nichts mehr traut. Unterwürfiges Copy-Paste, ohne Ethik und Ziel. Keiner von Euch lehnt sich mehr raus, nicht einmal aus dem Kellerfenster. Den Seiltanz vollführt Ihr, wenn überhaupt, nur noch mit Fangnetz und zweifachem Sicherheitsgurt.

Ich möchte euch folgende Fragen stellen:

  • Wann fing es an, Euch egal zu werden, ob Ihr die Wahrheit berichtet, die Halbwahrheit, oder gar die Unwahrheit?
  • Wann habt Ihr aufgehört, den Unterschied zwischen Berichterstattung und Propaganda zu verstehen?
  • Wann fingt Ihr an, Meinungsfreiheit als Bedrohung anzusehen?
  • Wann fingt Ihr an, Eure Berufsethik den Wünschen von Politik und Wirtschaft unterzuordnen?
  • Wann habt Ihr aufgehört, Fragen zu stellen?

Ist es die Angst vor den Vorgesetzten? Oder die Angst, für seine Arbeit die volle Verantwortung zu übernehmen? Angst, sich mit seinen Recherchen womöglich Feinde zu machen?

Warum seid Ihr dann überhaupt Journalisten geworden?

Guter Journalismus verlangt Mut!
Guter Journalismus verlangt Bauchgefühl!
Guter Journalismus verlangt Unabhängigkeit!

Ich verstehe, dass man sich Unabhängigkeit erst erarbeiten muss, aber Mut und Bauchgefühl sollten schon vorhanden sein, oder Ihr habt schlicht und einfach den falschen Beruf gewählt!

Es werden in diesem Land händeringend Schlosser, Fernfahrer und Sachbearbeiter gesucht, alles Berufe, die weder Mut noch Bauchgefühl verlangen. Vielleicht denkt Ihr einfach mal über eine Umschulung nach und lasst wieder die Mutigen und Fragensteller Journalismus machen?

Freundlichst, Schallundwort