Warum Kardaschow nicht recht hat

Im folgenden Video wird die 3-Stufen Skala des russischen Physikers Nicolai Kardaschow aus dem Jahre 1964 vorgestellt, nach dem sich der Fortschritt einer Zivilisation anhand ihrer Energienutzung bemessen lässt.

Kardaschows These: Je mehr Energie einer Zivilisation zur Verfügung steht, desto schneller entwickelt sie sich.

Bevor Sie meinen Kommentar dazu lesen – also meinen Widerspruch zu Kardaschows These – müssen Sie sich allerdings das nachfolgende Video anschauen, denn sonst wüssten Sie vermutlich nicht, wovon ich spreche. Ich beziehe mich auf die Aussagen im nachfolgenden Video, welche wiederum auf der 3-Stufen Skala von Kardaschow basieren.

Mein Kommentar dazu:

Ich halte das Bewertungskriterium Energieverbrauch für nicht schlüssig. Es rührt aus dem jetzigen Denken, wonach in der Tat die Länder mit bestmöglichem Zugang zu Energie auch die größten technischen Fortschritte machen, wobei Kardaschow technischen Fortschritt mit zivilisatorischem Fortschritt gleichsetzt.

Aber Zivilisation ist nicht nur Technik. Die Hochkulturen der Vergangenheit waren nicht nur technisch sehr weit (bezogen auf ihre Zeit), sondern auch spirituell hoch entwickelt. Vom technischen Fortschritt allein kann auf Dauer keine Zivilisation leben (und überleben). Technik basiert auf materiellen Dingen und die gehen irgendwann kaputt und wir kaufen sie dann neu und die Müllberge wachsen und wachsen. Alles in allem tendenziell sinnbefreit.

Es ist auch die spirituelle Größe einer Zivilisation, die über ihren Fortschritt und Fortbestand entscheidet. Das römische Reich ist nicht untergegangen, weil ihnen nichts mehr einfiel, oder die Menschen keinen Bock mehr auf Caesar & Co hatten. Es ist untergegangen, weil durch den Missbrauch der Spiritualität durch Kirche und Clerus die Spiritualität der Menschen korrumpiert worden ist, so wie es in unseren „modernen“ Gesellschaften ja auch zunehmend der Fall ist.

Es ist die gemeinsam erlebte Spiritualität, die eine Gesellschaft zusammenschweißt, nicht die Menge an Mikrowellen, Toastern und Elektroautos, die ihr zur Verfügung stehen.

Wobei ich Kultur und kulturelle Ereignisse ebenfalls als spirituelle Größen ansehe. Die Seele macht Kunst, nicht der Verstand.

Die Dyson Sphere

Wieso soll eine Zivilisation, die sich die Energie einer Sonne oder gar einer ganzen Galaxie mit Hilfe einer Dyson Sphere einverleiben kann, irgendeinen zivilisatorischen Vorteil haben?

Angenommen wir schaffen es irgendwann unsere Sonne energetisch bestmöglich zu abzuernten, dann wird diese Energie auch in irgendeiner Form genutzt werden. Und jede Energienutzung zieht Veränderungen des umgebenden Environments nach sich – meistens in Form von Wärme- oder Lichtemission. Das geht auch nicht anders (Energieerhaltungssatz). Wir müssen auch gar nicht soweit gehen, dass wir es irgendwann schaffen, die Sonne zu unserem vollen Energielieferanten zu machen.

Nehmen wir die Kernfusion, die aktuellen Prognosen nach in den nächsten 15 Jahren flächendeckend einsatzbereit sein wird. Energie wird dann vermutlich sehr billig werden. So billig, dass es egal sein wird, ob man die E-Heizung 24 Stunden am Stück anlässt, oder 3 Tiefkühltruhen betreibt, oder mit Elektrojets oder in Hypertubes drei Mal im Jahr um den Erdball düst. Energie wird im Überfluss bereit stehen und das wird unseren Planeten vor ein sehr großes Problem stellen, ein weit größeres, als das jetzige Treibhausgas. Wir heizen dann den Planeten mit sinnloser Energieverschwendung auf. Billige, unbegrenzt zur Verfügung stehende Energie würde diesen Planeten in eine Wüste verwandeln. Dafür aber CO2-frei 😉

Also, was hätte eine Zivilisation davon, wenn sie sich die Energie einer ganzen Galaxie zu Nutzen machen könnte? Nichts! Absolut nichts, außer, dass sie sich selbst zu Staub verbrennen würde. Nutzung von Energie muss immer im gesunden Verhältnis zum möglichen Schaden des Environments erfolgen, denn wir sind ja biologische Wesen und keine Roboter. Mehr Energie bedeutet also nicht zwingend mehr Zivilisation.

Die Zivilisationen der Zukunft verwenden exakt die Menge an Energie, die notwendig ist, um einen maximalen Nutzen bei minimalem Schaden für das Environment zu erzeugen.

Wobei bei den Zivilisationen der Zukunft auch das sie umgebende Weltall als Environment zu betrachten ist, da es von ihnen bereist und genutzt werden kann.

Es ist somit das Bewusstsein, dass die Größe und Qualität einer Zivilisation ausmacht, nicht deren technischer Entwicklungsstand. Und da wären wir wieder bei der Spiritualität.